Wenn ein Hund ein ganzes Leben verändert

Kennt ihr das auch? Ihr habt einen Hund in eure Familie aufgenommen und kommt irgendwann an einen Punkt, an dem ihr realisiert, dass es nicht mehr weiter geht „so wie ihr arbeitet“? Es ist zum verrückt werden, denn als Melody zu mir einzog stand ich nach mehreren Monaten genau an diesem Punkt. Klaro,  waren wir ein tolles Team, doch ich bemerkte, dass mir irgendetwas absolut missfiel. Ich spürte, dass ich noch nicht das volle Potenzial unserer Beziehung zueinander ausgeschöpft hatte. Die Pubertät war dann letztendlich die Krönung und ich der Verzweiflung nah. Wir pushten uns gegenseitig zu Höchstformen auf. Dickkopf gegen Dickkopf. Von meiner Stimmung mag ich an dieser Stelle gar nicht reden. Einen Schuldigen fand ich natürlich: Melodys Pubertät.

Als Melody kam war ich gewiss kein Hundeanfänger mehr, denn als unser erster Familienhund einzog war ich gerade mal 9 Jahre alt und als Melody zu Leroy und mir zog, da war ich 33 Jahre alt. Melody war zu diesem Zeitpunkt mein dritter eigener Hund. Natürlich ist mir bewusst, dass es auf eine Weise durchaus unbedeutend sein kann, ob man nun Hundeanfänger ist oder nicht. Schließlich ist es möglich über Jahre kontinuierlich einen Hund an der Seite zu haben, der einem auf dem Kopf herum tanzt. Klar, wenn einen das persönlich nicht stört und niemand anderes darunter leidet, ist das auch eine Möglichkeit miteinander zu leben. Für mich wäre es jedenfalls nichts.

Die Augen geöffnet hat mir, als ich mich so richtig am Boden fühlte, eine gute Hundefreundin, die mich irgendwann als wir uns zum gemeinsamen Spazierengehen trafen, fragte „merkst du eigentlich mit welcher Energie deine Hunde aus dem Auto springen!!?“. Natürlich habe ich das zu diesem Zeitpunkt in keiner Weise mehr realisiert. Für mich waren herausschießende Hunde aus dem Kofferraum sobald sich die Klappe öffnete Normalzustand. Aber als sie mir dann zeigte wie ihre Thai Ridgeback Hündin aus dem Auto ausstieg, erkannte ich, dass meine Hunde mich im Vergleich dazu regelrecht umnieteten. Ich hatte ja schon Angst, dass mir die Hunde beim Öffnen der Kofferraumklappe auf die Straße sprangen. Sylvia erzählte mir von der Hundeteamschule und verwies auf eine DVD, nach der sie arbeiten würde. Da ich sehr beeindruckt war von ihrem gezeigten Resultat, schaute ich mir diese kurze Zeit später an.

Das war der Moment an dem ich begann umzudenken.

Ich realisierte, dass ich ohne konsequentes Umdenken bei einer so pfiffigen Hündin wie Melody und einem Hans-Dampf wie Leroy besonders ruhig und überlegt vorgehen musste. Und ich stellte noch etwas viel Wichtigeres fest. Das Problem waren nicht die Hunde, sondern ich selbst. Ich selbst stand mir im Weg (und stehe es oftmals heute noch). Meine Hunde ruhig aus dem Auto oder aus der Haustür zu führen, um einen ruhigen Spaziergang zu erleben, ist mir nur möglich, wenn ich bei mir bin, in der Gegenwart. Meine glorreiche Idee den beiden Ruhe vorzuspielen, weil es eben schneller geht als an sich selbst zu arbeiten, ging kurze Zeit später auch komplett in die Hose.

Hunde haben eben ein überaus perfektes Radarsystem Schauspielerei aufzudecken.

So machte ich die Erfahrung, dass es mir kaum möglich war abzuschalten. Jede Kleinigkeit von der Arbeit nahm ich mit nach Hause, um es dort noch einmal gründlich zu analysieren. Prinzipiell stellte ich ja sowieso fest, dass ich der Grübler vor dem Herrn war. Ich glaube bevor irgendwer anders überhaupt begonnen hatte nachzudenken, hatte ich in meinem Kopf schon eine ellenlange 1A Analyse angefertigt und bewertet. Klar, wer außer mir, sollte die Außenwelt besser bewerten können. Und wie das so ist mit schönen Gewohnheiten kleben die an einem wie Kaugummi und so war es kaum verwunderlich, dass ich diese Analysen auch auf meinen Spaziergängen weiterführte. Das ging dann folgendermaßen:

  • Hund auf 1km Entfernung
  • Grübeln
  • So tun als würde es mir nichts ausmachen
  • Grübeln
  • Wie peinlich, wenn meine Hunde gleich nicht gut Bei Fuß laufen
  • Grübeln
  • Rüde oder Hündin?
  • Analyse beendet
  • Mein Ergebnis: negativ, wird nicht gutgehen
  • Resultat: bin verkrampft, Hundebegegnung verlief solala
  • Grübeln
  • Was denkt nun bloß der andere Hundehalter!!?

Zu dem stressigen Büroalltag und meinen beiden Ausbildungen war ich ganz nebenbei auch noch Grübel-Profi und wusste ganz genau wie ich mir den ganzen lieben langen Tag UN-BEWUSST Stress machen konnte und durch meine kleine Melody wurde mir das nun immer BE-WUSSTER auf welchem Trip ich da so war. Melody spiegelte mich nicht nur, sie schlug mir den Spiegel förmlich in die Fresse. Bei Leroy fiel das nicht so auf. Er ist zwar ein Hans-Dampf, aber ein sehr sensibler Hund, der nicht nur außerordentlich tiefgründig meine Stimmungen spürt, sondern sich auch schnell beeindrucken und lenken lässt. Diese Charaktereigenschaft macht es nicht einfacher. Dazu aber in einem späteren Beitrag mehr.

Umso mehr ich mich auf die Arbeitsweise der Hundeteamschule einließ, desto klarer wurde mir meine Lebenssituation und ich begann aktiv an mir zu arbeiten und nicht nur mehr an den Hunden. Ich habe meine Einstellung geändert.

  • Früher MUSSTE ich häufig noch mal eben mit den Hunden raus
  • Heute DARF ich mir die Zeit nehmen einen entspannten Spaziergang zu erleben
  • Früher MUSSTEN die Hunde täglich ausgepowert werden
  • Heute DÜRFEN wir einfach auch mal nichts tun und genießen es

Fällt euch etwas auf? Der ganze Stress, den ich mir selbst auferlegt habe, verringert sich so schlagartig. Mittlerweile habe ich durch einen Buchtipp, der mir persönlich sehr viel hilft, auch gelernt (und lerne noch) weniger nachzudenken. Es macht das Leben schlichtweg leichter und das Zusammenleben mit meinen Hunden allemal.

Das Buch, welches ich meine, ist übrigens von Byron Katie und heißt „The Work“. Ich werde es an einer anderen Stelle noch einmal ausführlich vorstellen. Nur kurz dazu: Byron Katie litt Jahre lang an schwersten Depressionen, die sie ans Bett fesselten. Durch ihr „The Work“ schaffte sie es dem Teufelskreis zu entkommen. „Lernen seine Gedanken zu hinterfragen“ – so würde ich ihre Methode zusammenfassen.

Das waren meine Gedanken zum Thema „wenn ein Hund ein ganzes Leben verändert“. Ich bin gespannt, ob ihr auch Ähnliches zu berichten habt.

Annabelle mit Leroy und Melody

 

 

 

 

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