Wieso lassen wir uns zum Kampfhundhalter machen?

Leroy – mein Seelenhund

2001 als die Hundeverordnung in NRW ins Leben gerufen wurde und plötzlich bestimmte Rassen gefährlicher sein sollten als andere, habe ich mich in Francis verguckt, einen stoischen Staffordshirer Terrier x Amerikanische Bulldogge-Mischling. Ich habe keine einzige Minute damit verschwendet in ihm ein gefährliches Monster zu sehen. Ich hatte diesen Hund im Tierheim kennen gelernt so unheimlich lieb und sanft. Ich habe nie viel darauf gegeben welche Meinung andere Menschen vertreten und welche Lügen die Medien verbreiten, sondern mir stets mein eigenes Bild gemacht. Ich konnte mir nie vorstellen, dass eine erhöhte Aggressivität einzelner Hunderassen überhaupt vorliegen kann.

Die Gesetzeslage hat mich in keiner Weise beeindruckt. Ich hatte jedoch auch Glück, denn wir haben Eigentum und so war ich nie von einem Vermieter abhängig und die Hundesteuer ist in Bochum noch recht human. Schlimm wird es dann, wenn ein Familienhund aus Geldnot abgegeben werden muss, eben weil der 6-fache Steuersatz erhoben wird oder der Vermieter diesen einen besagten Hund im Haus nicht mehr duldet. Leider ist das keine Seltenheit und häufig ist es ein regelrechter Hürdenlauf an eine Wohnung zu kommen, die nicht in den Slums liegt und in welcher Listenhunde erlaubt sind.

Ich kann mir lebhaft vorstellen, dass so mancher Listenhundehalter sich dadurch das eine oder andere Mal als asozial an den Rand der Gesellschaft gedrückt gefühlt hat.

Das Schlimme an der ganzen Entwicklung ist, dass diese Gesetze für die naiven Bürger lediglich eine trügerische Sicherheit vorgaukeln.

Alle Beißvorfälle mit Hunden zeugen meiner Meinung nach von der ÜBERFORDERUNG EINZELNER Hundehalter in unterschiedlichen Situationen. Aber es hat in keiner Weise etwas mit der Hunderasse selbst zu tun. Sicherlich zeigt jede Hunderasse und jedes Individuum an sich bestimmte Charaktereigenschaften. Das liegt aber daran, dass bestimmte Fähigkeiten selektiert wurden im Laufe der Zucht. Ein gutes Beispiel dafür sind u.a. die Jagdhunderassen. Die Einteilung Kampfhunde gibt es so nicht. Einige Rassen sind aufgrund ihres massigen, muskulösen Körperbaus eher dafür gemacht die kleinen Egos mancher Menschen zu vergrößern. Aber die ursprünglichen Kampfhunde in der Szene sind kleine, wendige Hunde, die sich in der Pit (Arena, englisch) bewegen konnten. Sie durften auch keine Aggression gegenüber Menschen zeigen, denn schließlich waren drei Menschen anwesend, nämlich ein Schiedrichter und zwei Sekundanten. Der Sekundant hatte dafür Sorge zu tragen, dass von der Gegenseite alle Regeln beachtet wurden.

Die Tiere müssen Menschen, auch Fremden gegenüber, außerordentlich zuverlässig sein, da sie während des Kampfes immer wieder hochgenommen und angefaßt werden. Besonders kooperativ verhalten sich von Hand aufgezogene Hunde.(1)
Diese Aussage ist selbst sprechend und zeigt wie realitätsnah das Hundegesetz ist, insbesondere wenn es um das angeblich erhöhte Gefahrenpotential bestimmter Rassen gegenüber Menschen geht.

Die heutige illegale Entwicklung findet im Untergrund statt. Diese Hunde bekommen wir jedoch nicht zu sehen und unsere Familienhunde haben damit in keiner Weise etwas zu tun. Viel häufiger finden wir im Tierschutz die Verliererhunde der Szene, diejenigen Hunde, die ungeeignet sind. Ein Beispiel dafür ist Betsy. Ihre Verletzungen lassen darauf schließen, dass sie während solcher Kämpfe resigniert hat und regelrecht zerfetzt wurde. Achtung – schlimme Fotos. Betsy hat mittlerweile ein Zuhause gefunden und obwohl sie diese schlimmen Erfahrungen machen musste, lebt sie in einer Familie als ganz normaler Familienhund.

Dieses Beispiel zeigt, dass auch diese Hunde erst von asozialen Menschen, über einen langen Zeitraum hinweg trainiert / missbraucht werden müssen und dieses Gefahrenpotential nicht generell mitbringen.
Ein Hundegesetz zu verabschieden, welches eine erhöhte Aggressivität einzelner Hunderassen festlegt ist meiner Meinung nach in einem hohen Maße fahrlässig.

Unsere Familienhunde sind keine Kampfhunde und wir keine Kampfhundebesitzer!

Noch einmal zurück zu mir. In den zwölf gemeinsame Jahren gab mir Francis sehr viel Halt. Wir ergänzten uns einfach prima. Ich habe recht wenig negative Erlebnisse gehabt, aber ich habe mir auch stets eine positive Haltung bewahrt. Es gab in unregelmäßigen Abständen die Frage nach dem Maulkorb, aber erfahrungsgemäß ist es gut möglich unerfahrene Menschen aufzuklären. Eine negative, aggressive Reaktion bringt meiner Erfahrung nach gar nichts. Es disqualifiziert mich schlichtweg als Vorbild.
Möchte ich denn genau das widerspiegeln was in mich teilweise hinein projiziert wird, nämlich ein Asozialer der Gesellschaft mit bissiger Töle an der Leine?

Wie ist denn eure Meinung hierzu?
Welche Erfahrungen habt ihr gemacht?
Wir freuen uns auf eure Kommentare. Annabelle mit Leroy und Melody

Meine Quellen:
(1) Andrea Steinfeldt: „Kampfhunde“ Geschichte, Einsatz, Haltungsprobleme von „Bull-Rassen“ – Eine Literaturstudie. Dissertation, Hannover 2002, S. 120 und 150

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